Was ist
Migräne?
Gelegentliche Kopfschmerzen hat jeder mal. Im Gegensatz dazu ist eine Migräne jedoch etwas völlig anderes. Menschen, die noch nie eine Migräne-Attacke erlebt haben, können sich den Leidensdruck, der mit der Erkrankung einhergehen kann, oft nur schwer vorstellen. Doch woran erkenne ich, ob ich eine Migräne habe? Und welche Formen gibt es?
Definition: Das Krankheitsbild Migräne
- Etwa 20 von 100 Frauen und 8 von 100 Männern leiden unter Migräne.2
- Sie ist die häufigste Ursache von gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei Menschen im Alter unter 50 Jahren.3
- Rund 24 von 100 Menschen, die von Migräne betroffen sind, haben aufgrund starker Kopfschmerzen schon einmal die Notaufnahme aufgesucht.4
Die Krankheit ist durch mittelstarke bis starke anfallsartige Kopfschmerzen gekennzeichnet. Die Dauer und Schwere der Migräne-Attacken variiert von Fall zu Fall. Bei einigen Patient:innen können die Anfälle zusätzlich von neurologischen Ausfallerscheinungen, sogenannten Auren, begleitet sein.1,2
Migräne-Attacken können für Betroffene zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen und ihre Lebensqualität stark mindern. Migräne kann bei einigen Patient:innen zudem mit unterschiedlichen Begleiterkrankungen einhergehen. Zu diesen zählen beispielsweise Depressionen und Angststörungen.2
Wann spricht man von Migräne?28
Symptome: Wie unterscheidet sich Migräne von anderen Kopfschmerzen?
Migräne ist die häufigste Beschwerde, mit der sich Neurolog:innen in ihren Sprechstunden beschäftigen.5 Für Laien jedoch ist die Unterscheidung zwischen „einfachen“ Kopfschmerzen und Migräne nicht immer ganz so leicht.
Expert:innen stufen Kopfschmerzen als Migräne ein, wenn mehr als fünf Schmerzattacken in den für Migräne typischen Ausprägungen aufgetreten sind.1 Zu diesen zählen:
- Die Schmerzen sind mittelstark bis stark und werden als pulsierend, pochend oder hämmernd empfunden.1
- Sie treten insbesondere im vorderen Kopfbereich auf.1
- Die Schmerzen treten häufig nur auf einer Seite auf. Allerdings klagen viele Betroffene auch über beidseitige Attacken.1
- Die Migräne-Kopfschmerzen halten über einen Zeitraum von vier bis 72 Stunden an.2
- Die Attacken sind häufig begleitet von einer Empfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen oder Gerüchen.2
- Es können weiteren Beschwerden wie Appetitlosigkeit und Übelkeit hinzukommen.2
So fühlen sich Migräne-Patient:innen28
Typisch für eine Migräne ist zudem, dass sich die Beschwerden bei körperlicher Aktivität verstärken.1
Falls Sie eines oder mehrere der oben genannten Symptome bei sich bemerken, fragen Sie Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt um Rat. Sie oder er kann feststellen, ob es sich bei Ihren Beschwerden um eine Migräne handelt – und gegebenenfalls gemeinsam mit Fachkolleg:innen die für Sie passende Therapie finden.
Welche Arten von Migräne gibt es?
Die Migräne kann unterschiedliche Formen annehmen. Expert:innen unterscheiden beispielsweise je nach Häufigkeit der Migräne-Attacken zwischen einer chronischen und einer episodischen Migräne sowie je nach Art der Ausprägung der Symptome zwischen einer Migräne ohne Aura und mit Aura.
Chronische oder episodische Migräne
- Die weitaus meisten Patient:innen leiden unter einer episodischen Migräne. Von einer solchen spricht man, wenn es an weniger als 15 Tagen pro Monat zu Kopfschmerz-Attacken kommt.6,7
- Bei mindestens 15 Kopfschmerztagen pro Monat, von denen acht Tage die Kriterien einer Migräne erfüllen, liegt eine chronische Migräne vor.7
Eine episodische Migräne kann sich auch in eine chronische Migräne verwandeln.
Episodisch oder chronisch?28
Kommt es an weniger als 15 Tagen pro Monat zu Kopfschmerzen, handelt es sich um eine episodische Migräne.
Bei 15 oder mehr Kopfschmerztagen pro Monat, von denen 8 Tage die Kriterien einer Migräne erfüllen, liegt eine chronische Migräne vor.
Migräne mit Aura oder Migräne ohne Aura
- Etwa 80 von 100 Betroffenen haben eine Migräne ohne Aura.9
- Bei 15 bis 20 Prozent der Menschen mit Migräne geht der Kopfschmerz-Attacke eine Aura voraus.9
Typische Aura-Symptome sind Sehstörungen, zum Beispiel ein eingeschränktes Gesichtsfeld mit Flimmern und Blitzen vor den Augen oder Doppelbilder. Es kann auch zu Sprach- und Sensibilitätsstörungen und Drehschwindel kommen.10
Migräne ohne Aura
Häufig auftretende Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit28
Ursache noch nicht im Detail geklärt*
Migräne mit Aura
Aura wird in der Regel von Migränekopfschmerzen
gefolgt28
Ursache noch nicht im Detail geklärt**
Unterformen von Migräne
- vestibuläre Migräne: Bei einer vestibulären Migräne (vestibulär = das Gleichgewichtsorgan betreffend) kommt es zu mittleren bis starken Schwindelgefühlen, die zwischen 5 Minuten und 72 Stunden andauern können.11
- hemiplegische Migräne: Eine seltene Migräne mit Aura, die unter anderem durch eine Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Die motorischen Symptome können über Tage und Wochen fortbestehen.12
- retinale Migräne: Ebenfalls eine seltene Form der Migräne, bei der es zu einer Migräne mit Aura mit wiederholten Attacken von einseitigen Sehstörungen wie Flimmern oder Erblindung kommt.13
- menstruelle Migräne: Von einer menstruellen Migräne spricht man, wenn die Migräne in zwei von drei Menstruationszyklen an Tagen rund um die Regelblutung auftritt, zusätzlich aber auch zu anderen Zeiten des Zyklus.14
Welche anderen Kopfschmerzen gibt es?
- Spannungskopfschmerzen: Diese werden drückend und dumpf empfunden. Sie sind leicht bis mittelstark und betreffen meist beide Kopfseiten oder den Stirnbereich. Sie können wenige Minuten bis zu mehreren Tagen dauern. Spannungskopfschmerzen verursachen keine Übelkeit und werden bei körperlicher Aktivität nicht stärker.15
- Cluster-Kopfschmerzen: Das Wort Cluster bedeutet im Englischen Gruppe oder Häufung. Cluster-Kopfschmerzen treten in Episoden gehäuft auf. Der Schmerz tritt einseitig im Bereich der Schläfe oder des Auges auf. Die Schmerzen sind sehr stark. Sie werden als brennend, stechend oder bohrend empfunden. Begleiterscheinungen können eine verstopfte Nase, gerötete Augen, ein tränendes Auge oder Schweiß auf der Stirn sein.16 Häufig gehen Cluster-Kopfschmerzen damit einher, dass Betroffene einen gesteigerten Bewegungsdrang (aufstehen, laufen) verspüren.16 Das ist eines der größten Unterscheidungsmerkmale zu Migräne-Kopfschmerzen, bei denen Patient:innen eher Ruhe suchen.
Was sind die Ursachen von Migräne
Die genauen Ursachen von Migräne sind bislang noch nicht vollständig bekannt. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass genetische Veranlagung und Umwelteinflüsse einen etwa gleich starken Einfluss auf die Entstehung einer Migräne-Erkrankung ausüben.10
Auch die komplexen Prozesse, die bei einem Anfall im Gehirn stattfinden, sind bislang noch nicht vollständig erforscht. Man weiß jedoch, dass bei einer Migräne bestimmte Nervenzellen im Hirnstamm und im Mittelhirn besonders aktiv sind. Das kann zu schmerzhaften entzündlichen Reaktionen führen. Dabei werden verschiedene Hirnbotenstoffe (Neurotransmitter) und Entzündungs-Botenstoffe freigesetzt.10
Ein Botenstoff, der bei der Migräne eine wichtige Rolle spielt, ist das CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide), ein Neuropeptid. Neuropeptide sind Botenstoffe, die von Nervenzellen freigesetzt werden. Inzwischen ist bekannt, dass CGRP bei einer Migräne ein wichtiger Auslöser für die starken und lähmenden Schmerzen und die migränetypischen Symptome ist.18,19
Ebenso spielt bei der Entstehung der Migräne der Botenstoff Serotonin eine besondere Rolle. Seine Konzentration im Blut schwankt mit dem weiblichen Zyklus. Das könnte eine Erklärung für die oben genannte menstruelle Migräne sein.14,20
Was kann eine Migräne-Attacke auslösen?
- Lärm
- ein wechselnder Schlaf- und Wach-Rhythmus
- Stress, der durch körperliche oder seelische Belastungen ausgelöst wird
- flackerndes Licht
- Hormonveränderung während des Zyklus (bei Frauen)
- Wetterveränderungen
- bestimmte Gerüche
- ausgeprägte Emotionen
Neben den genannten Faktoren kann insbesondere auch ein Übergebrauch von Schmerzmedikamenten die Migräne verschlimmern. Man spricht dann von einem Medikamentenübergebrauchskopfschmerz.21
Welche Faktoren können Migräne triggern:
Ausgelassene Mahlzeiten25
Wichtig:
Migräne-Mythen entlarvt
Über die Migräne werden viele Geschichten erzählt – gerade auch von Menschen, die selbst nicht unter der Erkrankung leiden. Viele dieser vermeintlichen Weisheiten sind allerdings komplett oder teilweise unzutreffend, oder sie gelten jeweils nur für einen kleinen Teil der Betroffenen.
Was also ist dran an bekannten „Migräne-Mythen“?
- Mythos 1: Migräne ist eine „Ausrede“ bei schlechter Laune. Wahrheit: Nein. Migräne ist eine ernstzunehmende Erkrankung, unter der viele Frauen und Männer leiden.
- Mythos 2: Migräne ist Frauensache. Wahrheit: Es wird gelegentlich behauptet, dass ja nur Frauen an Migräne leiden würden. Doch tatsächlich sind auch etwa acht Prozent der Männer betroffen.2
- Mythos 3: Handystrahlung löst Migräne aus. Wahrheit: Es ist bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen, dass Handystrahlung zu Kopfschmerzen beitragen könnte.22
- Mythos 4: Schokolade löst Migräne aus. Wahrheit: Das lässt sich so nicht sagen. So zeigte sich zum Beispiel in Studien, dass Schokolade lediglich von einem geringen Prozentsatz der Teilnehmenden als Migräne-Auslöser genannt wurde. Zudem ist nicht immer eindeutig, ob die Schokolade, die vor einer Attacke verzehrt wird, diese tatsächlich auslöste – oder ob nicht vielmehr die Schokolade im Rahmen einer Heisshungerattacke verzehrt wurde, die einer Migräne-Attacke vorausgehen kann.23
- Mythos 5: „Einmal Migräne, immer Migräne“. Wahrheit: Das stimmt so nicht, denn eine Migräne ist wandelbar. Ihre Häufigkeit variiert zwischen den Patient:innen sowie im Zeitverlauf.24
Diagnose Migräne: Welche Ärztin oder welcher Arzt kann mir helfen?
Falls Sie unter wiederkehrenden Kopfschmerzen leiden oder den Verdacht haben, dass hinter Ihren Beschwerden eine Migräne stecken könnte, ist zunächst Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt die oder der richtige Ansprechpartner:in. Sie beziehungsweise er kann Sie bei Bedarf an eine Kollegin oder einen Kollegen der Neurologie oder Schmerzmedizin überweisen. Beide medizinischen Fachrichtungen beschäftigen sich mit dem Krankheitsbild der Migräne.
Wie wird eine Migräne diagnostiziert?
So sind Sie gut vorbereitet für das Arztgespräch
Im gemeinsamen Gespräch wird die Ärztin oder der Arzt Sie eingehend zu Ihrem Wohlbefinden und Ihren Beschwerden befragen. Andererseits haben aber auch Sie bei diesem Termin die Gelegenheit, der Expertin oder dem Experten gezielte Fragen zu stellen. Sie sollten sich trauen, alles anzusprechen, was Sie zum Thema Migräne interessiert oder beunruhigt. Wenn Sie etwas nicht verstehen: Scheuen Sie sich nicht, gezielt nachzufragen. Bringen Sie am besten Stift und Papier mit zum Termin, damit Sie sich die Antworten der Ärztin oder des Arztes notieren können.
Warum ein Migräne-Tagebuch sinnvoll sein kann
Um Ihnen bestmöglich helfen zu können, braucht die Ärztin oder der Arzt ein genaues Bild von Ihren Beschwerden. Es ist daher sehr sinnvoll, diese im Vorfeld detailliert zu notieren.
Dabei kann Ihnen ein Migräne-Tagebuch helfen, in dem Sie Ihre Beschwerden, den Zeitpunkt des Auftretens sowie ihre Schwere über mehrere Wochen festhalten können. Ein Beispiel zum Herunterladen und Ausdrucken finden Sie hier.
Welche Medikamente nehmen Sie ein?
Geben Sie Ihrer Ärztin beziehungsweise Ihrem Arzt genaue Informationen darüber, welche Medikamente Sie gegen welche Erkrankungen oder Beschwerden einnehmen. Erstellen Sie zu diesem Zweck vor dem Termin eine entsprechende Übersicht und schreiben Sie alle Ihre Arzneimittel auf, einschliesslich Häufigkeit, Dosis und Tageszeit der Einnahme.
Zu den Medikamenten, die Sie gegen Ihre Kopfschmerzen einnehmen, sollten Sie zugleich notieren, wie sie sich auf die Beschwerden ausgewirkt haben. Hat sich die Anzahl der Attacken während der Einnahme verändert? Lässt eventuell die Wirkung der Medikamente mit der Zeit nach? Haben Sie möglicherweise festgestellt, dass Sie in letzter Zeit mehr Medikamente nehmen müssen, um die Schmerzen auszuhalten?
Therapie: Wie wird Migräne behandelt?
Zusammenfassung: Was ist Migräne?
Migräne ist eine ernstzunehmende Erkrankung. Ihre genaue Ursache ist noch nicht bekannt. Expert:innen gehen davon aus, dass genetische Faktoren und Umwelteinflüsse zusammenspielen.10 Bei den Abläufen, die während einer Migräne-Attacke im Gehirn stattfinden, spielen unter anderem bestimmte Botenstoffe eine wichtige Rolle – insbesondere das Neuropeptid Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP).
Es gibt unterschiedliche Formen der Migräne. So wird die Migräne beispielsweise in chronische und episodische Migräne unterteilt, sowie in Migräne mit oder ohne Aura. Das Auftreten einer Migräne-Attacke kann durch unterschiedliche innere und äussere Faktoren begünstigt werden.
Wenn Sie den Verdacht haben, unter einer Migräne zu leiden, sollten Sie diesen durch eine Ärztin oder einen Arzt abklären lassen. Ein solches Gespräch können Sie gut vorbereiten, indem Sie die Symptome über mehrere Wochen beobachten und notieren.
Lassen Sie sich bei einer Migräne-Attacke nicht erzählen, dass es reicht, „sich jetzt mal zusammenzureißen“. Menschen, die noch nie eine Migräne gehabt haben, können sich die Belastungen, unter denen man mit Migräne leidet, in der Regel nicht vorstellen. Die für Sie passende Therapie kann Ihnen dabei helfen, die Migräne zu lindern und Ihre Lebensqualität zu verbessern.
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